Auf dem Hof Hinterkaifeck geschahen 1922 schreckliche Morde

Ungelöste Kriminalfälle üben eine ewige Faszination auf Menschen aus. Die Morde von Jack the Ripper oder der schreckliche Tod von Elizabeth Short beschäftigen bis heute zahllose Amateurdetektive, die hunderte von Theorien entwickelt haben.


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Aber was in der Erzählung eine spannende True-Crime-Unterhaltung für regnerische Abende zuhause sein kann, das waren einmal echte Menschen, die ein furchtbares Ende erleben mussten.

Doch nicht nur in London und in Hollywood gibt es unaufgeklärte Mordfälle, die Kriminalisten heute noch beschäftigen. Mitten in Oberbayern, in der Nähe des Dorfes Gröbern im Gemeindegebiet Waidhofen, stand zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein einsamer Bauernhof. Da er noch hinter der nur spärlich besiedelten Einöde Kaifeck lag, wurde das Gehöft Hinterkaifeck genannt.

Die Familie, die in Hinterkaifeck lebte, war in der Gegend als eigenbrötlerisch, wunderlich und unfreundlich bekannt. Sie bestand aus dem 64-jährigen Bauern Andreas Gruber, seiner 72-jährigen Frau Cäzilia Gruber, ihrer verwitweten, 35-jährigen Tochter Viktoria Gabriel und deren Kindern Cäzilia (7) und Josef (2).

Viktorias Ehemann war im Ersten Weltkrieg gefallen. Wer der Vater ihres jüngsten Kindes war, wurde nie völlig geklärt. Viktoria hatte eine Beziehung mit dem Nachbarn Lorenz Schlittenbauer, beide nannten Josef ihren gemeinsamen Sohn und sie planten, zu heiraten.

Doch Viktorias Vater Andreas, ein gewalttätiger Tyrann, vor dem die ganze Familie in Furcht lebte, verbot die Verbindung und die Liebschaft endete.

An einem der letzten Märztage des Jahres 1922 entdeckte Andreas Gruber Fußspuren im Schnee, die zu seinem Hof führten, aber nicht wieder von ihm weg. Einer der Haustürschlüssel war plötzlich weg. In der Nacht meinten die Grubers, Schritte auf dem Dachboden zu hören, aber als sie das Gebäude durchsuchten, war niemand zu finden.

All dies erzählten sie mehreren Bewohnern des Landkreises. In der Nacht vom 30. auf den 31. März soll es einen schlimmen Streit zwischen Viktoria und ihrem Vater gegeben haben, nach dem sie in den Wald geflüchtet sei.

Zwei Tage später, am 1. April 1922, erschien die kleine Cäzilia nicht zur Schule. Am 2. April kam die ganze Familie nicht zum Sonntagsgottesdienst in die Kirche. Aber der Schornstein des Hinterkaifeck-Hofes rauchte, also schien dort alles in Ordnung zu sein. Als am 4. April immer noch keiner der Grubers gesehen worden war, schlossen sich die Nachbarn zu einem Trupp zusammen und sahen auf Hinterkaifeck nach dem Rechten. Angeführt wurde die Gruppe von Lorenz Schlittenbauer.

Was sie dort fanden, würden sie nie wieder vergessen. Im Stall lagen die Leichen von Andreas, Cäzilia, Viktoria und der kleinen Cäzilia. Im Haus fand man die Leichname des kleinen Josef und der gerade erst im Hof eingezogenen Dienstmagd Maria Baumgartner. Sie alle waren mit einer Reuthaue (einer Hacke, mit der man Sträucher und kleine Bäume rodet) aus dem Stall erschlagen worden.

Besonders grausig hierbei ist, dass die Morde in der Nacht vom 31. März auf den 1. April begangen wurden, dass aber bis zum 4. April die Kühe gemolken, das Vieh gefüttert und getränkt und der Ofen beheizt worden waren.

Außerdem war kein Brot mehr im Haus und Fleisch aus der Vorratskammer war frisch angeschnitten worden. Der oder die Mörder hatten nach den Taten tagelang im Gebäude gelebt. Auf dem Dachboden waren die Dielen mit Stroh bedeckt worden, anscheinend um das Geräusch von Schritten zu dämpfen. Jemand hatte sich vor der Tat dort aufgehalten und wollte nicht gehört werden.

Man vermutete erst einen Raubmord, aber im Haus wurde eine Menge Geld gefunden, das den Mörder offenbar nicht interessiert hatte. Am ehesten traute man die Morde Lorenz Schlittenbauer zu. Als Andreas Gruber die Ehe zwischen seiner Tochter und Schlittenbauer verhinderte, hatte Schlittenbauer ihn wegen Inzests mit Viktoria angezeigt. Gruber war bereits 1915 für dieses Verbrechen verurteilt worden, denn er hatte seine Tochter seit vielen Jahren missbraucht.

Schlittenbauer hatte sich bei der Entdeckung der Toten merkwürdig ruhig und kühl verhalten. Während seine Begleiter geschockt aus dem Stall rannten, ging er gelassen weiter ins Haus hinein und schloss die Tür von innen mit einem Schlüssel auf, der angeblich im Schloss gesteckt habe. Im Laufe der folgenden Jahre rutschten ihm in der Dorfkneipe immer wieder Bemerkungen heraus, in denen er vom Täter in der Ich-Form sprach. Ihm konnte jedoch nichts nachgewiesen werden.

An Verdächtigen für die Mordtaten herrschte kein Mangel. Lange Zeit hielt sich auch das Gerücht, Viktorias Mann Karl Gabriel sei gar nicht im Krieg gestorben, sondern zurückgekehrt, habe die Morde begangen und sei dann nach Russland geflüchtet. Peter Weber, ein früherer Hilfsarbeiter auf dem Hof, hatte nach Aussagen seines Kollegen geplant, Andreas Grube zu erschlagen und sein Geld zu stehlen. Die wegen Einbrüchen berüchtigten Gebrüder Thaler waren angeblich in der Nähe des Tatortes aufgefallen. In den 1970er Jahren behauptete sogar eine Frau, ihre beiden Söhne, die Brüder Karl und Andreas S., seien die Mörder von Hinterkaifeck.

Doch keine dieser vielen Spuren und Verdächtigungen führte irgendwohin. Obwohl 100.000 Mark Belohnung für Hinweise auf den oder die Mörder ausgesetzt wurden und in der kommenden Zeit viele mögliche Täter festgenommen wurden, konnte sich gegen keinen von ihnen ein echter Verdacht erhärten.

Die Akten zum Fall wurden 1955 geschlossen, aber die gruseligen Geschehnisse haben nie aufgehört, die Ermittler zu beschäftigen. Immer wieder schien es zu Hinterkaifeck neue Erkenntnisse zu geben, die aber nie zu einem eindeutigen Ergebnis führten. Noch in den 1980er Jahren fanden letzte Vernehmungen statt.

Ein Jahr nach den Morden wurde der Hof abgerissen, das Gelände ist seitdem nur noch eine landwirtschaftliche Nutzfläche. Auf dem Friedhof der Stadt Waidhofen erinnert ein Gedenkstein an die Ermordeten.

Welcher Wahnsinn in jener Nacht im Jahr 1922 dort wütete, das werden wir wohl nie erfahren.

Quelle: mentalfloss

Vorschaubild: ©Facebook/Judgy Crime Girls

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