Seine Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen – das gilt erst recht für den angeheirateten Teil. Wenn zwei Familien aufeinandertreffen, können schon mal die Fetzen fliegen. Das sieht man auch an der folgenden Anekdote einer jungen Frau, die sich mit ihrem Schwager in die Haare kriegt – im wahrsten Sinne des Wortes. „Bin ich die Böse?“, fragt sie sich, als ihre Retourkutsche einen Familienstreit lostritt.
„Ich, weiblich, 19, hatte neulich Besuch von meiner Schwester, 28, und meinem Schwager, die mit ihren Kindern zu meinen Eltern zum Abendessen gekommen waren.
Ich passte auf meine Nichten auf, während das Essen vorbereitet wurde. Wir setzten uns und ich saß zufällig neben meinem Schwager. Ich trug einen Rock, der aus Versehen etwas über mein Knie rutschte, und mein Schwager schaute auf meine Beine, verzog das Gesicht und sagte: ‘O nein! Das ist eklig! Du hättest dich rasieren sollen! Da sollten keine Haare sein.’
Alle starrten mich an und ich antwortete: ‘Wenn da keine sein sollten, warum wachsen da welche? Kannst du mir das erklären?’ Er sagte: ‘Da sollten einfach keine sein.’ Ich zeigte auf seinen Schnurrbart und sagte: ‘Also dann könnte man dasselbe über dein kleines Bärtchen sagen, oder?’
Er schaute mich mit weit aufgerissenen Augen an und es folgte eine peinliche Stille – einige lachten. Meine Schwester sagte mir, ich solle damit aufhören, als mein Schwager aufstand und im Badezimmer verschwand. Meine Schwester folgte ihm und ich konnte hören, wie er einen kleinen Nervenzusammenbruch hatte und sie fragte, ob etwas mit seinem Schnurrbart nicht stimme. Mein Bruder und ich kicherten, aber das Abendessen endete frühzeitig, weil mein Schwager gehen wollte.
Später wurde ich von meiner Schwester zurechtgewiesen, die mir sagte, ich sei zu weit gegangen und hätte jemanden beleidigt, der älter als ich und noch dazu ihr Ehemann sei, und forderte mich auf, mich bei ihm für die Beleidigung und das ruinierte Abendessen zu entschuldigen.
Bin ich die Böse?
Nachtrag: Leute! Meine Schwester hat mir den Grund dafür genannt, warum mein Schwager so verletzt war: Sein Schnurrbart sei für ihn ein Zeichen seiner ‘Männlichkeit’. Und deshalb hätte ich ihn in seiner ‘Männlichkeit’ gekränkt und nicht nur einen ‘mehrdeutigen Spruch’ fallengelassen. Sie sagt, ich hätte ihm psychischen Schaden zugefügt und solle mich bei ihm dafür entschuldigen, aber ich glaube nicht, dass ich damit etwas retten kann – außer seinen Stolz auf sein kleines Bärtchen.“
Wie heißt es so schön: „Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es auch wieder heraus.“ Der sensible Schwager hätte sich seinen Spruch mit den Beinen vielleicht lieber schenken sollen, wenn er das Echo nicht abkann.